Dienstag, 12. August 2008

Max, eine Begegnung in 7 Akten

V
Natürlich fragte ich mich oft, vielleicht eine halbe Ewigkeit lang jeden Tag, was er an mir fand. Warum er, der in seiner Welt jede haben konnte, gerade mich wählte, mich, die in meiner Welt niemand besonderes war. Seine Nähe hat mich nie selbstsicher werden lassen, ich konnte in seinen Armen neugierig in die Welt schauen, wie das Kind über die Schulter der Mutter oder der junge Kuckuck aus dem Nest. Ohne Angst mir könnte etwas passieren. Flügge geworden bin ich deshalb nicht. Hilflos ja. Ich weinte in der Zeit mit ihm sicher mehr als danach oder wegen deren Ende. Weshalb ist mir nicht klar, nur das es wohl etwas zu bedeuten hatte.
Ich liebe Max, schrieb ich mit dem schweizer Taschenmesser in die Rinde des Baums unter dem wir an den heißen Tagen immer lagen, aber auch nach einem ganzen Sommer hatte er nichts daneben geritzt.

Montag, 11. August 2008

Max, eine Begegnung in 7 Akten

IV
Max fragte oft weshalb ich nie Musik hörte, weshalb ich nie fern schaute und auch kaum zum Kino zu überreden war. Meine ehrlichste Antwort war stets ein Kuss. Ich war so hungrig, so lebensbegierig, so verzweifelt vom Fieber befallen, wie ich ein Viertel Jahrhundert lang verschlossen und still gewesen war. Und er war der Auslöser ohne selbst dieselbe Leidenschaft zu empfinden. Ich konnte keine Musik mehr hören, weil ich das Gefühl hatte am Dämpfen zu ersticken, am gedämpft leben. Jeden hellen Tag im Schatten zu verbringen, eingeschläfert und verschleiert vom Alltagstrott. Zwischen einer Million Menschen zu leben heißt niemand zu sein und nichts zu leben. Deshalb keine Musik mehr. Lieber, besser die pure Stadt. Mit den Geräuschen, dem Lärm. Auch mit dem Geruch nach Schweiß, Urin, selten Erbrochenem. Das verkörperte Leben strömt in Augen und Nase, in Ohren, erfüllt uns, durchdringt uns, durchfährt uns, liebt uns und lässt uns danach alleine zurück. Das verkörperte Leben für mich allein.
Max war rein, klar, clean. Er war stets frisch rasiert, umgeben von einem Geruch so sehr nach ihm, nach Mensch, nach Mann ohne jeden Darstellungsversuch. Ich liebte den Schweiß, der ihm in glitzernd silbrigen Bächen von der Stirn und über den Rücken rann, wenn wir uns in der Sonne liebten, ich fuhr mit den flachen Händen darüber, zuerst über ihn, dann über mich. Salz und Schweiß und kein Zentimeter mehr Abstand, mehr Distanz zwischen uns. Kein Parfum, keine Rasierwasser, kein Duschgel und auch keine Ängste. Nur wir, nur wir und nur unsere Körper, das Denken hatte uns verlassen, hatte keinen Platz mehr in einer Welt in der nur wir, wir waren. Sonst nichts.
In manchen Nächten schlief ich, seinen warmen Arm mit dem meinen umschlingend, die Nase an seinem Ellenbogen. Dachte in diesen stillen Stunden, in denen er nicht mehr Wache stand, könnte ich ihn einsaugen, ihn mir zu eigen machen, einverleiben und müsste ihn so niemals missen. Nichts wollte ich im Leben von ihm missen, obwohl ich schon immer wusste: Er wird niemals mir gehören.

Current Obsessions


Cormac McCarthy
Die Abendröte im Westen

Background

Aktuelle Beiträge

zauberschöne, sehnsuchtstrunkene,...
zauberschöne, sehnsuchtstrunkene, traumvolle worte......
Ole (Gast) - 14. Januar, 18:08
tous les hommes sont...
klingt nach simone de beauvoir. gelesen?
queen of maybe (Gast) - 21. Juli, 23:45
dankesehr =)
dankesehr =)
chaosmaedchen - 11. Juli, 13:53
They only wish to be...
They only wish to be young forever. I'm stuck in it.
chaosmaedchen - 11. Juli, 13:52
Wunderschön.
zuckerwattewolkenmond - 10. Juli, 20:15

Suche

 

Status

Online seit 6287 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 14. Januar, 18:08

Credits


BERLINYLON
conTEXTus
Durchwirktes
Ein Menschenfresser
Fragwürdiges
Frau Neu
Helios' Songs
Penny's Songs
Sich Drehendes
so exhausting being me
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development