Tagsüber und -unter
1. Der Falter
Der Falter, totgeschlagen, liegt regungslos. Zerdrückte man ihn, bliebe kein Blut zurück, nur Staub, äschern und weiß. Zerrieben zwischen Daumen und Zeigefinger, spürt man ihn nicht. Nur samtene Asche und ein Hauch von gelb, nicht fühlbar. Es ist dann, als ob der Falter gar nicht gewesen ist, gerade weil gelber Leibesstaub noch sich in den Wind wirft, dem Vergessen wütend entgegen sich stemmt.
2. Ein Mann
Ein Mann geht entlang zwischen den Menschen und jeder sieht gleich aus den Augenwinkeln, dass er einer von ihnen nicht ist. Er geht und sein Blick verrät kein Ziel, weil er ein Ziel nicht hat. Gleich wird er eine Flasche finden, sie anschauen, als finde er etwas wertvolles und sie dann in die Tasche schieben, wie einer, der sonst nichts in die Tasche zu schieben hat. Ich verstehe ihn, wie ich sonst keinen verstehe.
3. A Rose is a
Eine Rose ist eine Nelke ist ein Kuss ist eine Sonne ist ein Mensch.
Alles ist eine Metapher, obwohl es gar keine Metaphern gibt.
4. Der Germanistensaal.
Der Germanistensaal, eine Amüsierung: Der Ohrensessel als Möbel gegen die Vergesellschaftung, als rein sich zum Horchen eignendes Möbel, ein Möbel wie kein anderes und eigentlich denkt sicher der Ohrensessel auch recht viel von seiner Umgebung, auch gar nichts Gutes. Und wenn er nachher aufsteht, dann läuft er weg, der Ohrensessel; und Möbel ist der geworden, der drinnen saß.
5. M.
Ich denke: M, was zerschnitt dich so zum Papier, dass du jetzt jeden Tag deine Farben nimmst und deine goldenen Jugendstilknöpfe und dein Lippenrot und dein Nagelschwarz und dann so auf dich malst, was dir gefällt. Eigentlich, denke ich, bist du eine Künstlerin und der Pinsel auch und auch das rechte Licht zum Malen.
6. Einer
Einer, wenn der mich nicht mag, dann mag ich ihn auch gar nicht und dann mehr und auf einmal da liebt man jemanden geradezu, der einen gar nicht mögen kann und auch nie gemocht hat und das, obwohl man ihn auch gar niemals mögen könnte.