Sonntag, 21. Februar 2010

tin box believer

After years puttin' all that money in the tin box every sunday - nothing.

Jeder hat seinen Glauben, seinen einen, seinen Anker, seinen was auch immer. Etwas, woran er festhält, etwas, das irgendwann, so hofft man, einmal zur Besserung beiträgt.
love, heaven, the future, god, 72 virgins, whatever.
Und warum? Weil uns das Leben nicht passt, weil es uns nicht passt. Es reicht uns nicht, es befriedigt uns nicht, es ist nicht genug. Für uns zählt nur der eine Moment, der eine Hollywood-Moment. Alles andere, blass und ein Tropfen, der feine, kaum merkliche Kreise zieht, in dem schwarzblauen See unserer Seele. Nicht mehr. Und dann, ein Kuss, eine Berührung, eine geschaffte Aufgabe, ein erreichtes Ziel, ein Lächeln, ein Wort. Und es platscht, der Sturm wälzt uns über die Ufer, Endorphine klatschen an die Ränder der Adern und Venen, an die Schläfen und rufen das Herz zur Eile. Wir leben. Den Moment. Wir leben. Ein Glas guter Rotwein millionenfach rezipiert, ein schönes Lied unendlich reflektiert. In solche Momenten dann, ist uns der Sinn des Lebens und jeder Gott egal. In solchen Momenten braucht es keinen Grund am Leben zu sein, braucht es keine Erklärung. Weil wir froh darum sind, dankbar, glücklich.
Aber Glück ist kein Zustand. Glück ist frei von jeder zeitlichen Achse, dimensionslos. Glück ist der Moment, in dem Glieder, Herzschläge, Hirnströme und pumpendes, ewig rauschendes Blut endlich ein Ganzes sind. Im Einklang sind mit sich und allem. Glück ist Perfektion und dennoch bar jeder Ordnung, Entropie. Abstand von allem und allem gleich nah.

In was, an was, an wen glaubst du? Vergiss, wirf es weg, scheiß darauf, hüpf darauf herum, feiere den Freudentanz des Untergangs. Anarchie. Denn es hilft dir nicht, es hilft dir nicht. Es hält dich nur ab vom wirklichen Leben, von der unermüdlichen Suche nach Glück. Es blockiert dich nur und lässt dich auf Dinge hoffen, die niemals eintreten werden.

Also nieder mit der Zukunft, nieder mit der ewigen Liebe, nieder mit dem Himmel. Gott, der Bastard, soll auf dem Scheiterhaufen brennen. Ich beanspruche mein Leben für mich, für meine jetzige Gegenwart.
Mein sei das Glück und das Leben und die Herrlichkeit - für meine Ewigkeit. Amen.

Samstag, 30. Januar 2010

Kein Singen

Finn schleppt den Tannenbaum aus dem Zimmer, reißt an ihm, sticht sich an ihm und nadelt den Boden voll, macht ihn grün. Draußen ist es eisenkalt, betonhart. Der Fliesenboden schickt ihm Impulse durch die Füße, direkt ins Hirn: Frost. Finn steht, bis der Schmerz einsetzt, bis die Zweifelhaftigkeit der Wirkung aufhört, vielleicht auch etwas Angenehmes gewesen zu sein. Seine Lippen sind blau, violett, an ihnen klebt noch immer das Blut des Abends, der Rioja.
Später entzweien Borodins Geigen die Welt und Finn sitzt am Schreibtisch. Er denkt ans Nichts, immer denkt Finn ans Nichts, als hätte man ihm es aufgetragen, als verdiene er damit etwas. Draußen, in schwindelnder Höhe, baumelt die letzte rot glänzende Kugel am Baum und der Wind wird sie forttragen, wenn er sich anschickt zu kommen. Es ist kein Singen in der Welt, es ist kein Tanzen. Und Finn spürt hinter der Musik und den Wolken die Leere. Alles lauterdrehen, alles augenverschließen, alles nichtig, alles umsonst, es ist kein Singen in der Welt und kein Tanzen.
Finn steht in der Küche und rührt im silbernen Topf. Er schüttet die Nudeln auf den Teller und schluckt die graue Masse fast ohne zu kauen. Sie schmecken, wie sie schmecken, belanglos. Aber sie stillen die Bedürfnisse des Körpers, die dem Geist im Wege stehen. Einst hatte Finn die Käsekruste auf Gratin gemocht, die flüssige Sahne am Grunde eines Erdbeerbechers und die Griesklößchen in der Suppe. Aber heute hat die Routine alles zunichte gemacht, sie zum Nichts gemacht. Früher hat Finn gedacht: Ein Leben reicht nicht für die Welt und heute denkt er: Eine Welt reicht nicht für das Leben. Jedenfalls nicht diese, nicht diese. In der kein Singen mehr ist, in der nie eines war.
Als sie anruft und ins Telefon spricht, hallt ihre Stimme lang in der Muschel seiner Ohren nach und Finn denkt an einen Mahlstrom, in den er sie stürzen will. Ihre Engelstimme und das Brausen des Ozeans vermischt auf Ewigkeit, als Hintergrundbild seines Seins. Aber Finn ist kein toter Gott, Finn ist ein Mensch, er kann sie nicht bannen und der Welt nichts schenken, was er nicht besitzt. Finn lauscht verzehrend und gierig, kurz vorm Ersaufen und als sie auflegt, ist der Raum grauer, noch stiller als zuvor. Und Borodins Geigen haben die Welt entzweit.

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